Hannelore Teutsch studierte Gebrauchsgrafik an der Fachschule für angewandte Kunst in Berlin-Schöneweide. Als Typografin und Zeichnerin arbeitete sie viele Jahre im Verlag Volk und Welt und einige Zeit im Eulenspiegelverlag, beide in Berlin. Die Bilder des Münchener Malers und Großonkels Walter Teutsch waren Anregung und Ermutigung. Seit 1977 ist sie freiberuflich als Malerin und Grafikerin tätig. Illustrationen und die Gestaltung für Belletristik und Kinderbücher machten über lange Zeit einen wesentlicher Teil ihrer Arbeit aus. Seit vielen Jahren steht die Malerei von Tafelbildern im Zentrum ihres Schaffens. 

Die Kompositionen scheinen einfach und klar, die Farbigkeit ist eher gedeckt mit gelegentlich punktuellem Aufleuchten. Ausgang ist Beobachtung und Wahrnehmung des Gegebenen, was durch Reflexion und Spiel geformt wird. Die Titel sind Anregungen zum Dialog.

 

 

Fragen an Hannelore Teutsch

 

Mit 16 Jahren haben Sie im Rahmen einer Internatsschule eine Gebrauchswerberlehre absolviert und damit Ihr Elternhaus früh verlassen. Im Anschluss haben Sie an der Fachschule für angewandte Kunst Gebrauchsgrafik studiert.

Sind diese Ausbildungen und die Ausbildungsbedingungen für ihre spätere Arbeit von Bedeutung gewesen – und wenn ja inwiefern?

 

Das Internat in einer schönen alten Villa war ganz anders als das Elternhaus in Prieros an einem märkischen See. Es gab einen Aufzug von der Küche in die oberen Räume. dort stand immer Pflaumenmus, Schmalz und Brot für die hungrige Jugend. Acht Mädchen teilten sich das Zimmer, das früher Salon war. Gegenüber die russische Kaserne in einem Preußischen Klinkerbau. Auch die Räumlichkeiten der Ausbildung waren in einer Villa. Wir lernten die praktischen Grundbegriffe,  Holzverbindungen sägen, tapezieren, ein paar grafische Techniken, die damals schon ein wenig altmodisch waren. Wir eroberten die Stadt mit unserem wenigen Lehrentgeld. Badeten im Heiligen See am gemeinsamen Ufer mit russischen Offizieren und deren Familien. Die einfachen Soldaten blieben in der Kaserne. Heute sieht die Stadt ganz anders aus, alles ist bestens hergerichtet.

 

In der Fachschule war das ganz anders, man lernte Komposition mit Farben und Flächen im Kleeschen Sinne, den Umgang mit Schrift, gezeichnet und im Handsatz in der hauseigenen Setzerei, aber auch Fotografie im Labor. Zeichnen und Malen vermittelte auf beste Weise Prof. Otto Bertl. Auch Radierung, Lithografie und Holzschnitt fielen in seinen Ausbildungsbereich. In der Leipziger Nationalbibliothek sahen wir Inkunabeln alter Bücher aufgrund seiner Initiative. Durch andere Lehrer gehörten natürlich Verpackungsentwürfe später dazu. Während des Studiums empfand man die Qualität der Ausbildung als normal, erst Jahre später wurde das Gelernte wertgeschätzt. In der Hochschule Berlin-Weißensee hatte die Ausbildung der Fachschule einen guten Ruf. 

 

Nach dem Abschluss wurde ich Typografin im Berliner Verlag Volk und Welt. Dort lernte ich durch die Praxis, wie Bücher und Buchwerbung gemacht werden. Der Buchdruck wurde vom Offsetdruck abgelöst. Es entstand die Hinwendung, Bücher zu gestalten. Für unterschiedliche Verlage habe ich Buchgestaltung und Illustrationen gemacht. Die hatten oft malerischen Charakter. Gemalt habe ich immer, damals eher kleinere Bilder. 

 

In ihrer Malweise gleichen die Arbeiten von vor 20 Jahren ihren neuesten Bildern. Wann hat sich die für sie charakteristische Bildersprache entwickelt? Gab es Vorbilder?

 

Gleichbleibend über die Jahre ist die Wahrnehmung der Wirklichkeit ohne naturalistisch zu sein. Das wird wohl in den Bildern auch deutlich. Die Entwicklung wird kaum sichtbar, denn die älteren Bilder stelle ich selten aus.  Es entstanden vorwiegend Stadtbilder und Stillleben. Die Figur kam nach einigen Jahren Aktzeichnen später dazu. Durch ständiges Malen entwickelt sich der sogenannte Stil von allein, ohne viel dazu zu tun und ändert sich kaum merklich. Der Wechsel zwischen Formaten sowie hellen, farbigen  und dunklen Bildern beschäftigt mich noch immer. Auch kräftige Farbtöne in kleinen Details sind bei verhaltener Farbgebung von Bedeutung. Wichtig ist, eine gute Stimmung zu erreichen.

 

Ohne Vorbilder geht es  nicht. Eine prägende Ausstellung in jungen Jahren war die Sammlung niederländischer Malerei in Schwerin. Zur westeuropäischen Moderne hatte ich immer Zugang. Magritte, Chirico und andere waren auch zu Ostzeiten präsent. Heute wird die frühe Renaissance und das Mittelalter wichtig.

 

Gibt es „Ausreißer“ in eine andere Formensprache z.B. abstrakte Arbeiten, „bunte“ Arbeiten?

 

Nein, das ist ein Thema für andere.

 

In ihren Arbeiten bevorzugen sie Tempera Farben. Warum gerade Tempera?

 

Mit Ölfarben habe ich lange gemalt, sie sind gut geeignet für Verläufe. Tempera im klassischen Sinn sind meine Bilder nicht. Sie haben den Wasseranteil mit Pigmenten und Acryl und den Fettanteil durch den darüberliegenden Wachs. 

 

Wie entstehen die Bildideen? Haben Sie vor Beginn der Arbeit schon eine ziemlich genaue Vorstellung, wie es aussehen soll oder entsteht es erst bei der Arbeit?

 

Ohne Vorstellung geht es nicht. Bildideen entstehen auf unterschiedliche Weise. Ist keine gute Idee Ausgangspunkt, muß abgeschliffen und neu gemalt werden.

Das kommt aber nicht allzu häufig vor. 

Die Natur ist ein großer Anreger, die Früchte des Gartens sind oft Bildmotive.

Manchmal ist es eine interessante Ansicht,  eine Idee im Halbschlaf, manchmal ein Text oder Gedicht. Und vieles dazwischen. Während des Malens verändern sich die Bilder durch Wegnahmen oder Zufügungen und dadurch nicht nur die Komposition, sondern auch der Inhalt. 

 

Machen Sie Skizzen vor der Arbeit?

 

Meistens. Aber auch, um das Thema nicht zu vergessen.

 

Wann wählen sie die Bildtitel? Lenken die Bildtitel die Arbeit z.B. bei den „Freuden der züchtigen Hausfrau“?

 

Die Titel sind spielerisch, manchmal Zitate. Sie entstehen zuweilen beim Malen oder auch später. Die „Freuden der züchtigen Hausfrau“ bekam durch Schillers Glocke seinen Titel. Sie sind in der Regel keine Beschreibung des Bildes, sondern eine Zugabe.

 

Ihre Bilder erzählen Geschichten, wobei jeder Betrachter/ jede Betrachterin vermutlich unterschiedliche Vorstellungen entwickelt. Haben Sie selber eine bestimmte „Geschichte“ im Kopf bei der Arbeit?

 

Ja, natürlich habe ich eine Geschichte zu den Bildern. Manchmal wird sie erst am Ende der Arbeit deutlich. Aber ich freue mich über die Bemerkungen der Betrachter. Das Erzählerische ist heute fast verlorengegangen. Ich möchte es erhalten. Das läuft nicht immer übers Bewußtsein. Ich freue mich über Kollegen, deren Bilder oder Plastiken eine Erzählung haben. 

 

Spielt Biographisches in Ihrer Arbeit,  bei der Themenwahl oder der Ausführung eine Rolle?

Wahrscheinlich. Die Bilder meines Urgroßvaters und durch meines Großonkels waren in der Kindheit präsent. Der Großonkel Walter Teutsch war ein Habermannschüler und später selbst Professor in München.  

Wie lange arbeiten Sie etwa an einem Bild? 

 

Das ist sehr verschieden. Meist entstehen zwei oder drei Bilder nebeneinander. Wenn die Idee gut ist, geht es zügig voran. Aber ich brauche oft lange, weil sich Lasuren übereinander lagern. Pausen sind ab und zu notwendig.

 

Arbeiten Sie gleichzeitig an mehreren Bildern?

 

Siehe Frage zuvor.

 

Haben die kulturpolitischen Debatten/ Arbeitsbedingungen in der DDR Ihre Arbeiten beeinflusst/gefördert/erschwert? Hat die Wende eine Bedeutung für Ihre künstlerische Tätigkeit gehabt?

 

Zu DDR-Zeiten habe ich fast nur Bücher gestaltet und illustriert, Texte waren weit mehr gefährdet. Die Debatten waren immer präsent, besonders wenn ein neues Plenum Vorgaben machte. Davon hing schließlich die Druckgenehmigung und die Papierzuteilung ab. 

Meine erste Reise war zur Frankfurter Buchmesse 1990. Ich stellte mich verschiedenen

Verlagen vor.  Ich bekam Lob und zugleich die Frage „Sie wollen doch nicht davon leben?“ Bisher konnte ich das. Auf die Frage, wie die westdeutschen Grafiker ihr Leben bestreiten, bekam ich die Antwort, die seien gut verheiratet.

 

Weil ich aber immer gemalt habe, viel die Entscheidung gegen das Buch eher leicht und brachte neue Herausforderungen.

 

Würden Sie ihr Kind unterstützen in dem Wunsch Maler/Malerin zu werden oder eher abraten?

 

Theoretisch zuraten, aber die Tochter studierte in Manchester englische und italienische Sprache und Literatur, hatte ein Erasmusjahr in Bologna. Danach machte sie in Frankfurt Oder ihren Master in Europäischer Kulturgeschichte. Der Weg war also anders. 

 

Gibt es ein Thema, welches Sie gerne noch künstlerisch bearbeiten möchten?

 

Das lasse ich auf mich zukommen.

 

 

 

 

 

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