Studio Ellen Keusen

 

 

Ellen Keusen hat an der Werkkunstschule in Düsseldorf und an der HdK in Berlin studiert und ihre Arbeiten an vielen Orten in Deutschland und im Ausland gezeigt. 

 

Alle in der Ausstellung gezeigten Arbeiten haben mit Zeit zu tun, einmal weil sie die Zeit inhaltlich thematisieren oder weil die Künstlerin die Dauer und den Verlauf des Arbeitsprozesses selber  zum Thema gemacht hat. Allen Arbeiten ist nicht nur gemeinsam, dass sie eine hohe zeichnerische Fertigkeit auszeichnet. Vielmehr zeigen sie auch die Haltung einer  Künstlerin, die ihre Themen über lange Zeit ausdauernd verfolgt.

 

Für die Reihe „Kastanien“ hat sie in 63 Aquarellen das Wachstum der Kastanienfrucht protokolliert. Über ein Vierteljahr hat sie täglich eine von einem Kastanienbaum vor ihrem Haus gefallene Frucht aufgelesen, aufgeschnitten und portraitiert. Damit macht sie die erstaunliche Entwicklung sichtbar, die schließlich zu den 2 oder 3 Nussfrüchten im stacheligen und behaarten Fruchtbecher führt. Die gesamte Serie hat sie in Form eines Leporellos zusammengefügt.  

 

Für den „großen Punkt“ versenkte sich Ellen Keusen monatelang über viele Stunden darin, Tausende von kleinen Strichen aufs Papier zu bringen. Die Kontur dieses „Punktes“ löst sich fast unmerklich im Hintergrund des weißen Papiers auf.  Der Punkt ist kein Punkt im strengen Sinne. Das Zentrum ist nicht zu fixieren, denn es erscheint als eine unscharfe Verdichtung von Intensität. Es pulsiert, es flimmert vor unseren Augen. Dem Flimmern ent-sprechen die Erkenntnisse der modernen Physik, dass – nach Heisenberg - der Ort eines Teilchens auf Grund seines Wellencharakters nicht genau bestimmt werden kann. 

Auf Ellen Keusens Punkt - Zeichnung ist es nicht möglich, den Rand der Zeichnung zu bestimmen. Die Zeichnung verschwindet in ihrem Hintergrund. Und dieser nur ungenau bestimmbare Rand ist scheinbar von einem helleren Ring umgeben, der aber tatsächlich gar nicht da ist, sondern uns von unseren Sinnesorganen vorgetäuscht wird. 

 

Auch im Projekt „Transit“ kommt die besondere Einstellung von Ellen Keusen zur Zeit zum Ausdruck. Denn mit „Transit“  hat die Künstlerin ein Projekt begonnen, das sie in ihrer Lebenszeit kaum wird beenden können. Die 12 hier gezeigten Tafeln sind nur ein Ausschnitt aus einem Arbeitsprozess, der 2268 mögliche Variationen vorsieht. Nach einem bestimmten System werden zwei in Größe und  Farbintensität variierte kreisförmige Strukturen in unterschiedlichem Abstand mit Aquarellstift aufs Papier gezeichnet. Dabei geht es der Künstlerin um die Spannung, die – abhängig von der Entfernung voneinander -  zwischen  den 2 kreisförmigen Strukturen besteht und um den Raum zwischen ihnen. Auf den hier ausgestellten 12 Tafeln unterscheiden sich die Kreise sowohl im Abstand zueinander, als auch in ihrer Größe und ihrer farblichen Intensität. Dabei gibt es gleichgewichtige Verteilungen der Kreise in Größe und Farbintensität, eine eindeutige Dominanz von Farbe oder Form sowie eine Distanz sowie Überlappungen, bis zum völligen Aufgehen der einen Kreisstruktur in der anderen. Es liegt nahe, hierbei an die verschiedenen Formen der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen zu denken, die von unterschiedlichen Wünschen nach Nähe und Distanz geprägt sind. 

 

Das Projekt „Vom Raum zwischen den Dingen“ umfasst über 200 Blätter in Mischtechnik, die Ellen Keusen in den Jahren 1992-94 geschaffen hat. Dazu hat sie teilweise  auf  Fragmente älterer Papierarbeiten zurückgegriffen, die ihr unfertig oder misslungen erschienen. Mit Aquarellfarben, Tusche, Kohle-, Bunt- und Bleistiften hat sie daraus faszinierende Zeichnungen geschaffen, die in ihrer Vielgestaltigkeit und Rätselhaftigkeit die Phantasie des Betrachters anregen.

 

Das Buch „Berta, ich“ präsentiert auf 360 Seiten eine Absichtsäußerung,  eine Ankündigung oder ein Ver-sprechen, gegeben an eine mit Vornamen angesprochene Person wie „Berta, ich beziehe dein Bett neu“, "Ellen KeusenGeorg ich flicke deine Trainingshose“. Nach der Art der Äußerung ist auf eine fürsorgliche, verantwortliche Beziehung wie zwischen einem Kind und einem Elternteil zu schließen, ein besorgtes, sich kümmerndes Ich, das sich an ein Du richtet,  aber keine Antwort erhält. Warum nicht? Warum geht die Kommunikation nur in eine Richtung?

„Berta, ich“ ist ein künstlerisches Mahnmal, das der Transporte jüdischer Kinder in den Jahren 1938/39 gedenkt, die nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden. Ellen Keusen hat die Namen der deportierten Kinder im NS-Dokumentationszentrum in Köln aufgeschrieben. Mit „Berta, ich“ macht sie die Beziehung zwischen den Eltern und ihren Kindern lebendig.

 

Im Zusammenhang mit „Berta, ich“ sind zwei etwa 50 x 70 cm große Papierarbeiten entstanden, die eine Vielzahl von über das ganze Blatt verteilte unterschiedliche Zeichen und umschriebene Strukturen zeigen,  mit Bleistift aufgetragen und nummeriert.  Jedes Zeichen hat eine eigene Form und steht mal in engerem, mal in weiterem Abstand zu andern Strukturen oder  Zeichen. Wie in „Berta, ich“ der jeweilige Vorname für die Individualität eines der Kinder steht, so repräsentieren die Zeichen die im „Berta, ich“- Buch angesprochenen Kinder, die hier in ihrer je eigenen Gestalt  einzeln oder in Gruppen ihren Platz gefunden haben.

 

Ein Bespiel für die genaue Naturbeobachtung und die zeichnerischen Fähigkeit der Künstlerin stellen die Abbildungen des Osagedorns oder Milchorange dar, einer hierzulande seltenen Pflanze, die  in unterschiedlichen Reifezuständen gezeigt wird. Der Osagedorn hat seinen Namen vom indigenen Stamm der Osage in Texas, wo er wegen seiner Stacheln als undurchdringliche Hecke Verwendung fand.

 

 

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