Sevim Tuglaci: Erfahrungen als Notärztin für Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan

 

Bei der Veranstaltung am 10 Februar erfolgte zunächst gemeinsam mit den Besucher*innen ein Bildbesprechung der Arbeit „7 Raben“ von Christoph Damm. Dabei wurde der traumartige Charakter der Darstellung hervorgehoben und die dargestellten bedrohlichen und hoffnungsvollen Elemente und  Symbole gewürdigt.

 

Im Anschluss berichtete Frau Sevim Tuglaci über ihren Einsatz als Notärztin für Ärzte ohne Grenzen im Krankenhaus in Lashkar Gah im Westen von Afghanistan. Ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen waren durch hohe Sicherheitsanforderungen geprägt. Das Team der ausländischen Helfer und Helferinnen konnte sich nur im Quartier und im Krankenhaus aufhalten. Obwohl die Kampfhandlungen mit der Machtübernahme der Taliban beendet waren, war ein Ausgang in die Stadt oder in die Umgebung aus Sicherheitsgründen nicht möglich.

Die Arbeit im Krankenhaus erfolgte unter den kulturell und religiös begründeten Vorgaben, u.a. der strengen Trennung der Geschlechter. Frauen konnten die Klinik nur in Begleitung einer männlichen Begleitperson, die auch bei Entscheidungen über die Behandlung zustimmen musste, aufsuchen. Allein der Kreissaal war nur Frauen zugänglich. EEufg1718 – 1787 

Die ärztliche und pflegerische Behandlung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Ärzten und Krankenpflegepersonen, die von Sevim Tuglaci als sehr kollegial beschrieben wurde.

Die größte Gruppe unter den Patienten und Patientinnen stellten Kinder dar, wobei oft Unterernährung der Grund für eine geschwächte Abwehrlage war, die zu bei uns in dieser Häufigkeit nicht anzutreffenden Infekten z.B. Lungenentzündungen führte. Da die Patienten oft von weit her und in schlechtem Zustand in die Klinik kamen, war die Sterberate hoch. Angesichts der jahrzehntelangen kriegerischen Auseinandersetzungen und mitbedingt durch die religiöse Prägung wird auf Sterben und Tod als ständig gegenwärtiges Vorkommnis - nach ihrer Wahrnehmung - in einer eher schicksalsergebenen Haltung reagiert.

Eine besondere Erwähnung fanden die häufig vorkommenden Selbstmorde, oft begründet durch die schwierigen Lebensumstände.

Insgesamt zog Sevin Tuglaci ein positives Fazit ihres Einsatzes, wobei sie insbesondere die guten Kontakte zu den einheimischen Mitarbeitern und den Kollegen und Kolleginnen des internationalen Teams hervorhob. Als wichtige Voraussetzung für die Arbeit nannte sie die Fähigkeit und Bereitschaft, sich auf die kulturell und ökonomisch gegebenen Lebens- und Arbeitsbedingungen einzustellen und nicht das Heimatland zum Maßstab zu nehmen.

 

 

Druckversion | Sitemap
© diekleinegalerie